Schwachstelle Futtermittel – Fraktion fordert eindeutiges Qualitätskriterium im Interesse der Verbraucher
Odenwaldkreis – Die Kreistagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat sich dieser Tage mit der Antwort des Kreisausschusses auf ihre Anfrage zur „Gentechnik“ im Odenwaldkreis beschäftigt. Die GRÜNEN wollten wissen, wie weit die Umsetzung des im Dezember 2009 auf Initiative der Fraktion im Kreistag beschlossenen Antrags „Gentechnikfreier Odenwaldkreis“ inzwischen gediehen ist.
Mit ziemlicher Enttäuschung wurde demnach in der Fraktion quittiert, dass weniger als ein Fünftel der landwirtschaftlichen Betriebe im Kreis die Selbstverpflichtungserklärung für einen „gentechnikanbaufreien“ Odenwaldkreis unterschrieben haben. „Das entspricht überhaupt nicht der Formel ‚Breites Bündnis für gentechnikfreien Pflanzenanbau im Odenwaldkreis‘, die Landrat Kübler bei der öffentlichkeitswirksamen Erst-Präsentation der Selbstverpflichtungs-Aktion verwendete“, moniert der für Verbraucherschutz und Umwelt zuständige Abgeordnete Manfred Ertl (Michelstadt). Die bis zum 1. Juli 2012 geleisteten 124 Unterschriften verteilen sich auf 116 landwirtschaftliche Betriebe, darunter 63 Haupterwerbs- und 53 Nebenerwerbsbetriebe sowie 2 Imker und 6 Sonstige. Diese Betriebe halten „ rd. 1670 ha Ackerfläche, 3.150 Grünland und rd. 15 ha. Dauerkulturen“. Damit sind nur „ein Viertel der Ackerfläche und 30 % des Dauergrünlandes“ im Odenwaldkreis dem gt-freien Anbau verpflichtet. Aktuell finde aber ohnehin kein Gentechnik-Anbau statt, so Ertl ergänzend, weil es schlicht verboten ist, gentechnisch manipulierte Sorten anzupflanzen.
Auf die gezielte Nachfrage bezüglich der Formulierung „gentechnik-anbau-frei“ offenbare die Antwort des Landrats aber die nach Auffassung der Fraktion entscheidende Schwachstelle der Selbstverpflichtung: „Die gentechnikfreie Region Odenwaldkreis würde gt-freie Fütterung mit einbeziehen“, schreibt Landrat Kübler zwar richtig, „gentechnikfrei“ sei aber derzeit „nicht zu erreichen“, denn der Einsatz von Futtermitteln ohne Gentechnik wäre „ohne Ausgleich des Mehraufwandes für die landwirtschaftlichen Betriebe nicht abbildbar“. Vertreter einer bäuerlichen Landwirtschaft, so dem gegenüber die Grünen, sehen dies durchaus differenzierter. „Aus fütterungsphysiologischer Sicht ist gentechnikfreies Sojaschrot (HP 48) aufgrund seines höheren Eiweißgehaltes dem oft verwendeten LP 44 überlegen. Durch den höheren Eiweißgehalt sinkt die benötigte Menge, was zu geringeren Futterkosten führt. Eine Bündelung der Nachfrage kann erfahrungsgemäß weitere Einsparungen bewirken. Zunehmend berichten Tierhalter von positiven Effekten auf die Tiergesundheit nach der Umstellung auf gentechnikfreie Soja. Allein die Einsparung bei Medikamenten könnten die Mehrkosten für gentechnikfreie Soja decken.“
Bei der Regionalmarke „Echt Odenwald“ müsse an vorderster Stelle der „Verzicht auf gentechnisch veränderte Futterpflanzen, Saatgut und Pflanzgut“ das Qualitätskriterium für regional erzeugte Odenwälder Produkte sein, nicht bloß nachrangig unspezifisches Zusatzkriterium. Der Odenwald brauche „eine klare Philosophie“ nicht nur in Worten, sondern auch in Taten, fordern die Grünen mit kritischem Bezug auf die hier zitierte aktuelle Eigenwerbung der Marke „Echt Odenwald“. Verbraucher haben ein Recht zu erfahren, ob die Tiere mit gentechnisch manipulierten Futtermitteln gefüttert werden oder nicht! Die Verbraucher sind sicher bereit, dies zu honorieren! Erst kürzlich habe eine Studie aus Norwegen neue Hinweise darauf geliefert, dass genmanipulierte Lebensmittel zu Veränderungen im Körper führen könnten. Notwendig im Interesse der Verbraucher sei uneingeschränkte Aufklärung und eine ernsthafte Risikobewertung. So könnten veränderte Eiweiße aus Pflanzen Immunreaktionen hervorrufen oder Enzyme im Blut verändern.
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