Am 11. März 2011 passierte das Unvorstellbare, in einem hochtechnisierten Land kam es zu einer Nuklearkatastrophe.
Konnten viele den Reaktorunfall in Tschernobyl am 26.April 1986 noch gedanklich beiseite schieben, da dieser in einem für westliche Standarts unterentwickelten Land (der Ukraine, damals noch hinter dem Eisernen Vorhang) geschehen ist, rüttelte die Reaktorkatastrophe in Fukushima alle auf. Plötzlich war es denkbar, dass auch bei uns eine Nuklearkatastrophe passieren könnte.
Das Land Hessen reagierte durch den Ministerpräsidenten, der am 05.04.2011 den Hessichen Energiegipfel als „einen Schritt auf dem Weg in eine neue Energiepolitik für das 21.JH“ gründete.
Umweltministerin Puttrich formulierte. „Unser Ziel ist es, unseren Endenergieverbrauch bei Strom und Wärme bis zum Jahr 2050 möglichst zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien zu decken. Dabei kommt der Windkraft beim künftigen Energiemix eine große Bedeutung zu. Wir wollen zwei Prozent der Landesfläche als Vorrangflächen für die Gewinnung von Windenergie ausweisen“.
Auch der Odenwaldkreis und seine Kommunen konnte nicht länger seine Politik zur Verhinderung der Nutzung von Windenergie durchhalten.
In diesem Kontext ist der vorliegende Entwurf des Flächennutzungsplanes zu sehen.
Der Gedanke einen gemeinsamen Flächennutzungsplan aufzustellen, um die Energiewende im Odenwaldkreis geregelt und mit allen Kommunen zusammen voranzutreiben, fand auch unsere Zustimmung. Aus diesem Grund haben wir dem Aufstellungsbeschluss zugestimmt.
Uns ist wichtig, ausreichend Fläche für die Nutzung von Windenergie im Odenwaldkreis auszuweisen. Dass hierbei eine Ausschlusswirkung für die restlichen Flächen des Kreises entfaltete werden soll, enspricht zwar zumindest nicht meiner Vorstellung, ist aber akzeptabel.
Der gemeinsame Flächennutzungsplan hätte eine Steuerungsfunktion übernehmen können, um einerseits der Nutzung von Windenergie ausreichend Raum zu geben und andererseits die damit einhergehenden Eingriffe in Natur und Landschaft möglichst gering zu halten und die Vorteile aktiv zu nutzen.
Leider wurden in dem Planentwurf gerade nicht genügend Flächen dargestellt. Es drängt sich daher der Gedanke auf, dass es vorrangiges Ziel des Planes ist, die Nutzung von Windenergie so gering wie möglich zu halten.
Dies ist auch unmissverständlich der Begründung des Plans zu entnehmen, die davon ausgeht, dass weitere Ausweisung von Vorrangflächen zu einer zu hohen Belastung des Odenwaldkreises führen und erläutert, dass eine „Nullvariante“ gesetzlich nicht möglich ist.
Weshalb die weitere Ausweisung von Flächen eine zu hohe Belastung darstellen soll, wird uns nicht verraten.
Eine klare Zielsetzung ist dem Planentwurf leider nicht zu entnehmen.
Auch ist dem Flächennutzungsplan ein Umweltbericht nicht beigefügt (obwohl uns die Vorlage des Umweltberichtes bereits vor längerem zugesagt wurde, schlimm genug, dass überhaupt danach gefragt werden musste).
Ich darf Ihnen § 2a BauGB vorlesen:
„Die Gemeinde hat im Aufstellungsverfahren dem Entwurf des Bauleitplans eine Begründung beizufügen. In ihr sind entsprechend dem Stand des Verfahrens
- die Ziele, Zwecke und wesentlichen Auswirkungen des Bauleitplans und
- in dem Umweltbericht nach der Anlage 1 zu diesem Gesetzbuch die auf Grund der Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 ermittelten und bewerteten Belange des Umweltschutzes
darzulegen. Der Umweltbericht bildet einen gesonderten Teil der Begründung.“
Ein Umweltbericht ist daher eine gesetzliche Vorgabe, die im Verfahren zur Aufstellung des Flächennutzungsplanes bislang nicht berücksichtigt wurde.
Auch die Darlegung der Ziele des gemeinsamen Flächennutzungsplans ist eine gesetzliche Vorgabe und auch diese ist in dem Planentwurf nicht umgesetzt.
Ausgehend von dem Gedanken eine Energiewende vorantreiben zu wollen, wäre es aus unserer Sicht ein erstrebenswertes Planungsziel gewesen wäre, ausreichende Flächen für die Windenergienutzung zur Verfügung zu stellen, um zumindest die Versorgung des Odenwaldkreises mit Strom sicherzustellen.
Der Planentwurf geht zwar davon aus, ausreichende Vorrangflächen für die Nutzung von Windenergie im Odenwaldkreis auszuweisen, erläutert allerdings nicht, weshalb die Anzahl der ausgewiesenen Flächen angemessen sein soll.
Fakt ist, dass mit den auf der ausgewiesenen Fläche möglichen WKA nicht einmal genügend Energie produziert werden kann, um die Privathaushalte des Odenwalkreises mit Strom zu versorgen.
Auch hier drängt sich der Gedanke auf, dass lediglich eine Verhinderungsplanung auf den Weg gebracht werden soll.
Der Flächennutzungsplan stellt daher nicht einmal einen gangbaren Kompromiss dar.
Von den 29 Ergebnisflächen sind lediglich 9 Vorrangflächen verblieben, deren Auswahl nicht nachvollziehbar ist.
Dies wird an mehreren Beispielen deutlich:
Die Auswahl der Vorrangflächen ist nicht nachvollziehbar. Die Prüfkriterien wurden nicht einheitlich, d.h. bei verschiedenen Flächen unterschiedlich angewendet. Es wurden Flächen ausgeschlossen, auf denen nur ein geringes Konfliktpotential besteht.
- Die Ausschlusskriterien sind nicht nachvollziehbar. So stellt die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes zwar ein Ausschusskriterium dar. Der Plan erläuterte jedoch nicht, wie das Landschaftsbild zu bewerten ist. Es handelt sich daher um eine rein subjektive Sichtweise, der eine Objektivierung fehlt.
- Die neuestes Rechtssprechung zum Schutz der gesetzlich vorhandenen Privilegierung wurde nicht ausreichend bei der Flächenauswahl berücksichtigt.
- Die Fläche Nr. 23 a wird wohl aus politischen Gründen nicht in den Plan aufgenommen. Diese Fläche wurde bislang nicht auf ihre Tauglichkeit als Vorrangfläche untersucht. Der Begründung der Abwägung ist zu entnehmen, dass „die eigenständige Betrachtung der Fläche 23a möglicherweise zu einer veränderten Beurteilung führen könnte.“ Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb diese Betrachtung der Fläche 23a unterblieben ist.
- Vorliegend werden bereits lediglich 1,61% der Fläche des Odenwaldkreises für die Nutzung der Windernergie zur Verfügung gestellt. Es ist zwar richtig, dass es sich bei der 2%-Regelung (hessenweit) lediglich um einen raumordnungsrechtlichen Grundsatz handelt. Dennoch hat der Odenwald – wie auch die anderen Mittelgebirge in Hessen – ein weit höheres Potential zur Nutzung der Windenergie als andere Regionen in Hessen und sollte sich einem solidarischen Gedanken annähern.
- Zudem ist davon auszugehen, dass in der Umsetzung weitere Fläche innerhalb der ausgewiesenen Vorrangflächen wegfallen wird, da der Plan bestimmt, dass „die Umgrenzung der Fläche die Grenze darstellt, über die die Rotorenblätter nicht hinausragen dürfen“.
Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, dass mit dem vorliegenden Flächennutzungsplan keinesfalls die notwendige Energiewende vorangetrieben werden soll, sondern lediglich die Nutzung der Windenergie auf ein Mindestmaß beschränkt werden soll. Damit ist die Schlüssigkeit des gesamt-räumlichen Konzepts nicht mehr gegeben.
Damit können wir den vorgelegten Abwägungsergebnissen zu den eingegangenen Stellungnahmen nicht zustimmen.
Eine eingehende Beratung fand zudem nicht statt. Bereits im gesamten Planungsverfahren wurde den Stadtverordneten immer wieder mitgeteilt, Detaillfragen seien nicht zu stellen und eine Änderung des Plans sei nicht möglich, da es sich um einen gemeinsamen Flächenutzungsplan aller Odenwälder Kommunen handle und eine einzelne Kommune keine Änderungen herbeiführen könne.
Alleine die Tasache, dass uns heute wiederum der Umweltbericht nicht vorliegt, stellt einen Abwägungsfehler dar.
Christa Weyrauch,
Fraktionsvorsitzende
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